Com-Passion – ein sinnlicher Zugang zur Leidensgeschichte

Tanzperformance mit Orgelimprovisation zu Texten von Anna Katharina Emmerick. 

Besucher in der voll besetzten Kreuzkirche wurden am Karfreitagabend Zeugen einer ganz besonderen Veranstaltung. Der Dülmener Musiker Bernd Weimann und der Bonner „Lebenstänzer“ Felix Grützner gaben mit ihren Improvsiationen durch Orgelmusik und Bewegung eine ausdrucksvolle Resonanz zu Texten von Anna Katharina Emmerick zur Passion. Der Emmerick-Bund hatte diese Veranstaltung thematisch passend an diesem Karfreitag im Rahmen des Jubiläumsjahres von Anna Katharina Emmerick angeregt.

An Anfang waren viele Zuschauer  irritiert. Die Inszenierung begann mit einer unerwarteten Szene.

Diese schilderte die Begegnung von Maria Magdalena mit dem Auferstandenen am Ostermorgen. 

Im Wechsel zu den von Margarete Domogala und Georg Krawietz vorgetragenen Texten der einzelnen Szenen aus den Visionen von Anna Katharina Emmerick ließ Bernd Weimann auf der Orgel einfühlsam gespielte, wie auch den Szenen entsprechend ausdrucksstarke Klangbilder erklingen, zu denen der Tänzer Felix Grützner den Raum der Kreuzkirche für seine Bewegung nutzte. Immer wieder bewegte er sich am Anfang der einzelnen Szenen vom hinteren Teil der Kirche nach vorne zur Altarinsel oder auf den Stufenberg vor dem Kreuz. Dadurch war die Darbietung keine Aufführung wie auf einer Bühne, sondern hatte eine starke Dynamik, die das Publikum einbezog.

Bei der Verhandlung vor Pilatus wurde das Publikum verwickelt, wurde selbst in der Szene zum „Volk“, das gegen Jesus aufgestachelt worden war. Auch das viele Reden und die Ambivalenzen des Pilatus wurden von Felix Grützner auf eindrucksvolle Weise ausgedrückt.

Im Kontrast zu diesen schnellen Klang- und Bewegungsabfolgen standen die eher langsamen und  von tiefen Gefühlen bestimmten Szenen der Begegnung mit seiner Mutter und mit Veronika. Vor allem die Begegnung mit der Mutter berührte viele Menschen aus dem Publikum tief. Grützner zeigte die tiefe Verbindung der Mutter zu ihrem leidenden Sohn durch eine schlichte Geste ganz unmittelbar: die Mutter wiegt ihr Kind. – Mehr ist nicht zu sagen, der Schmerz war direkt erlebbar.

Die beiden letzten Passions-Szenen veranschaulichten mit der Annagelung an das Kreuz und dem Tod Jesu brutale Gewalt, Schmerz, Angst und Verlassenheit. Hier untermalte Bernd Weimann die tänzerische Darbietung auf intensive, teils auch dramatisch zugespitzte Weise.

Im Epilog wurde die österliche Eingangsszene mit Maria Magdalena und Jesu noch einmal wiederholt. Jetzt erschloss sich für die Zuschauer die anfangs irritierende Eingangsszene neu. Leiden und Tod haben nicht das letzte Wort. Oder wie Felix Grützner es einmal ausgedrückt hat: Es ist ein Lebenstanz, kein Totentanz.

Berührt und bewegt verließen die Menschen an diesem Karfreitag die Kreuzkirche. Sie hatten die Leidensgeschichte auf ganz neue Weise miterlebt.

Text: Ferdi Schilles; Fotos: Georg Winkler

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