Menschen, die damals Rang und Namen hatten, die in der damals so bewegten Zeit der Aufklärung, der Revolution, der Kriege, der Säkularisierung ihren Glauben oder die Sicherheit im Glauben verloren hatten, kamen - oft von weit her - zu ihr. Briefe kamen aus dem Rheinland, aus Frankreich, Österreich, in denen die Absender ihre Anliegen vortrugen und um ihr Gebet baten.
Ausführlich informiert uns über die Besuche an ihrem Krankenbett Dr. Franz Wesener, der Arzt in Dülmen. Auch er hatte während des Studiums seinen Glauben verloren. Die Begegnung mit Anna Katharina führte ihn zum Glauben zurück. Er wurde ihr treuer Freund. Fast alle Tage besuchte er die Kranke, behandelte sie, führte Gespräche mit ihr. Er hielt die Begegnungen mit der Kranken für so wichtig, dass er sie in einem Tagebuch festgehalten hat. Am Ende seiner kurzen Biographie der Emmerick sagt er: „Viele Menschen, die sie alle liebte, verlangten Trost und Rat von ihr; sie hat ihn gegeben, sie hat die Menschen getröstet, beruhigt; wo sie es hernahm, das mögen sich meine Leser jetzt selbst beantworten.“
Bernhard Overberg, der bekannte Pädagoge, Regens des Priesterseminars und erfahrene Seelsorger hat während der mehrwöchigen kirchlichen Untersuchung im Auftrag des Generalvikars Clemens August von Droste Vischering Anna Katharina mehrfach befragt und ausführliche Protokolle darüber angefertigt. Auch er, der zur kritischen Untersuchung herangezogen worden war, wurde zu einem Freund von Anna Katharina, mit der er in der Folgezeit vielfach korrespondierte, die er, so oft es ihm möglich war, besuchte.
Wesentlich umfangreicher ist das Zeugnis, das der bekannte Dichter Clemens Brentano von seiner Begegnung mit der Emmerick hinterlassen hat. Voller Verzweiflung an seinem eigenen Leben war er von Berlin nach Dülmen gekommen. Es sollte 1818 ein kurzer Besuch werden. Der Millionärssohn, gewöhnt an hochbürgerliche Wohn- und Lebensformen, blieb mit kurzen Unterbrechungen in dem armseligen Dülmen bis zum Tod der Emmerick 1824. Er fand hier eine ihn bis an sein Lebensende bindende Aufgabe. Noch lange nach dem Tod der Emmerick erinnert sich Brentano; „Viele Nächte hab’ ich geweint und Gott gebeten, mir doch etwas zu geben, nur etwas, woran ich mich halten könnte. Dann kam die närrische Fügung, dass ich die Emmerick kennen lernte.“
Die Visionen der Emmerick vom Leben Christi eröffneten ihm eine neue Welt. Aus den Notizen am Bett der Kranken wurden 16.000 Seiten. Daraus entstanden in fünf Bänden „Die Betrachtungen der gottseligen Anna Katharina Emmerich“. Am weitesten verbreitet ist der erste Band dieser Reihe: „Das bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi“, im 19. Jahrhundert mit größeren Auflagen als die Werke von Goethe und Schiller.
Nach langem Leiden starb Anna Katharina Emmerick im Februar 1824 im Ruf der Heiligkeit. Die Verehrung ist bis heute nicht abgerissen, sie führte zur Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. im Jahre 2004.
Durch die vielen Besucher war Anna Katharinas weithin bekannt geworden. Zu den Besuchern gehörten z. B. Clemens August von Droste Vischering, der spätere Erzbischof von Köln; Melchior Diepenbrock, der spätere Erzbischof von Breslau; Michael Sailer, der Bischof von Regensburg; Cornelius von Bommel, der spätere Bischof von Lüttich; der Großvater des Kardinals von Galen. Viele Namen ließen sich noch nennen. Weitaus größer aber ist die Zahl derer, deren Namen heute keiner mehr kennt. Sie alle haben Anna Katharina als eine besondere Zeugin des Glaubens wahrgenommen.
Luise Hensel, bekannt durch einfache Gebete (das bis heute noch Kindern vorgebetete „Müde bin ich geh zur Ruh“ hat sie verfasst), sah in Anna Katharina ihre geistliche Mutter. Sie hat das Erbe der Emmerick weitergegeben in ihrer Arbeit, z. B. in Aachen als Leiterin des „Weiblichen Erziehungsinstituts St. Leonhard“. Aus dieser Schule gingen drei Klostergründerinnen hervor: Clara Fey (1815-1894) gründete die „Genossenschaft vom armen Kinde Jesu“ in Aachen1844; Pauline von Mallinckrodt (1817-1881) die „Genossenschaft der Schwestern der christlichen Liebe“ zu Paderborn 1849; Franziska Schervier (1819-1876) die „Genossenschaft der barmherzigen Franziskanerinnen“ zu Aachen 1845.
Alle drei Orden haben sich besonders der Bedürftigen angenommen und haben im 19. Jahrhundert eine weite Verbreitung gefunden: Die Gründerinnen sind alle drei in den Kanon der Seligen der Kirche aufgenommen.
Die religiöse Wirkung der von Anna Katharinas Visionen und Betrachtungen ausgehenden Schriften von Clemens Brentano, die eine solch immense Verbreitung fanden, ist kaum einzuschätzen.