Zum Emmerick-Vortrag am 24. Februar 2016 hatte der Emmerick-Bund nach zuletzt eher theologischen oder historischen Beiträgen diesmal die Coesfelder Schriftstellerin Petra Fietzek eingeladen. Es wurde ein sehr spiritueller Abend.
Petra Fietzek ist vielen neben ihren Büchern auch durch die Morgenandachten im Rundfunk bekannt. Mit dem Text einer solchen Morgenandacht begann sie den Abend.
Im ersten Teil des Abends zeichnete Fietzek ein sehr differenziertes Bild von Anna Katharina Emmerick als humorvoll und den Menschen offen zugewandt, aber vor allem in starker Verbindung zu Gott: „Christus verbunden, so sehr, dass seine Wundmale aus ihr hervorbrachen“.
Als ihr zentrales Anliegen stellte die Schriftstellerin heraus, Menschen auf Gott neugierig zu machen, weil unser Leben eingebettet ist in das „Geheimnis Gott“. Diese Grundhaltung schlüsselte sie in zwei Aspekte auf: ein eigener Mensch zu werden, der in persönlichem Verhältnis zu Gott steht, und in Gottverbundenheit zu leben. Beides findet sie in Anna Katharina Emmerick.
In einem Gedichtzyklus von 1994 „Eine Tagelöhnerin auf der Suche nach Gott“ gab sie in dichterischer Sprache den Versuch einer Einfühlung in die Emmerick wieder. Dabei ging es den Zuhörern so, dass es vor allem die Bilder waren, die ansprachen und berührten. Fietzek sprach vom „Herzplatz“ als dem Ort in der eigenen Mitte, der von Wechselseitigkeit zwischen dem Menschen und Gott geprägt ist. Eine andere Metapher ist die der „verschlossenen Fäuste“, die eingeladen sind, sich zu öffnen.
Fietzeks Annäherung an Anna Katharina Emmerick ist dabei wenig idealisierend oder gar schönfärberisch, sondern nimmt Spannungen und Brüche auf. „Halte mich aus, Gott, in meiner Brüchigkeit. Glaub an mich, Gott, in meinem Unglauben!“ Den Zuhörern vermittelte sie ein Gefühl von mystischem Eins-sein zwischen Innen und Außen, zwischen alltäglicher Erfahrung und außergewöhnlichem Erleben, das vordergründige Widersprüche oder Gegensätze überwindet. Damit eröffnete sie einen Zugang zu geerdeter Spiritualität und zum Gott-Finden im Gewöhnlichen, wie es Anna Katharina Emmerick auf ihre Weise auch gelungen ist. „Wir verlieren uns, wenn wir uns nicht einsammeln in uns.“ In geistlichen Erfahrungen geht es darum, sich selbst zu begegnen.
„Im Geheimnis wohnen“
Fietzek wies zu Beginn des zweiten Teils an diesem Abend darauf hin, dass sie keine Theologin, sondern Schriftstellerin ist. Schon gleich zu Beginn hatte sie verdeutlicht: „Die Poesie ist eine gute Möglichkeit, von Gott zu sprechen. Sie ist so weit und voller Bilder, und auch wenn man Gott nicht in Worte fassen kann, bietet sie Raum, die Erfahrungen mit ihm festzuhalten und vielleicht auch zu teilen.“
Anna Katharina Emmerick hat sich in ihrem Leben Gott zur Verfügung gestellt. Dabei falle als wesentliches Merkmal die „Gabe des Herzmenschen“ auf: „Sie lebte in der Gewissheit Gottes. Dies gab ihr Anmut und Glanz im Gesicht“ – Ausstrahlung nach außen und eine große innere Freiheit und Unabhängigkeit.
Gott im eigenen Leben entdecken, ohne dass unsere Lebenswirklichkeit aufgehoben ist. Diese biografische Spur zeigte Petra Fietzek bei Anna Katharina Emmerick, aber durch ihre Texte auch bei sich selbst auf. Im abschließenden Teil stellte sie einige Texte aus ihrem Buch „Ins eigene Leben geschrieben – Psalmen für heute“ vor. Ein Satz daraus: „Du siehst mich in jeder meiner Scherben.“ – Gott finden im eigenen Leben – oder: mich von Gott finden lassen, solche Gedankenspuren legte die Dichterin an diesem Abend. Denn: „Jeder hat seinen Weg, wo er Ausdruck findet.“
Der Abend entließ alle Zuhörer angeregt im Geist und berührt im Herzen, das machten auch die Resonanzen deutlich. Der Abend faszinierte durch die Bilder – eine starke Brücke zu Anna Katharina Emmerick, die in Bildern und aus Bildern lebte. Pastor Peter Nienhaus fasste es treffend zusammen: „Sie haben uns in Ihre Seele, in die der Anna-Katharina Emmerick und so letztendlich auch in unsere blicken lassen.“
Ferdi Schilles